Abschlussdokument des Vorbereitungstreffens der Bischofssynode
XV. Ordentliche Generalversammlung der Bischofssynode
„Die Jugendlichen, der Glaube und die Berufungsunterscheidung“
Abschlussdokument des Vorbereitungstreffens der Bischofssynode[1]
Rom, 19.–24. März 2018
Einführung
Junge Menschen stehen vor vielen inneren wie äußeren Herausforderungen und Chancen. Viele davon hängen spezifisch vom direkten Umfeld ab, während andere Kontinente übergreifend sind. Vor diesem Hintergrund muss die Kirche prüfen, wie sie über junge Menschen denkt und mit ihnen umgeht, um für sie ein effektiver, relevanter und anregender Ratgeber zu sein.
Dieses Dokument ist eine zusammenfassende Arbeitsgrundlage, um einige unserer Gedanken und Erfahrungen auszudrücken. Es ist wichtig anzumerken, dass hier die Reflexionen junger Menschen des 21. Jahrhunderts aus verschiedenen religiösen und kulturellen Hintergründen zusammenfließen. In diesem Sinne sollte die Kirche diese Überlegungen nicht als empirische Analyse einer anderen Zeit in der Vergangenheit sehen, sondern als ein Ausdruck dessen, wo wir uns heute befinden, wohin es gehen sollte und als Indikator dessen, was sie tun muss, um voranzukommen.
Zu Beginn ist es wichtig, die Rahmenbedingungen dieses Dokuments zu klären. Es geht hier nicht darum, eine theologische Abhandlung zu erstellen, noch möchte es eine neue Kirchenlehre etablieren. Es ist vielmehr eine Darstellung, die besondere Realitäten, Persönlichkeiten, Überzeugungen und Erfahrungen junger Menschen in der Welt widerspiegelt. Dieses Dokument ist für die Synodenväter bestimmt. Es soll den Bischöfen als Kompass dienen, junge Menschen besser zu verstehen: ein Wegweiser für die kommende Bischofssynode „Die Jugendlichen, der Glaube und die Berufungsunterscheidung“ im Oktober 2018. Es ist wichtig, dass diese Erfahrungen dem Kontext entsprechend betrachtet und verstanden werden, in dem sich junge Menschen befinden.
Diese Überlegungen sind während eines Treffens von mehr als 300 jungen Vertretern aus der ganzen Welt unter der Beteiligung von 15.000 jungen Menschen, die sich online über Facebook-Gruppen eingebracht haben, zusammengetragen worden, die vom 19. bis 24. März 2018 in Rom zum eröffnenden vorsynodalen Treffen zusammengekommen sind.
Das Dokument versteht sich als eine Zusammenfassung aller Beiträge unserer Teilnehmer, die auf der Arbeit von 20 Sprachgruppen und weiterer sechs Social-Media-Gruppen basiert. Es soll eine von mehreren Quellen sein, die in das Instrumentum laboris für die Bischofssynode 2018 einfließen. Wir hoffen, dass die Kirche und andere Institutionen aus dem Prozess dieses vorsynodalen Treffens lernen und den Stimmen junger Menschen zuhören werden.
Unter dieser Voraussetzung können wir weitergehen, um mit Offenheit und Glauben zu sehen, wo junge Menschen heute stehen, wie sie sich in Bezug auf den Nächsten wahrnehmen und wie wir als Kirche junge Menschen am besten zu einem tieferen Verständnis von sich selbst und zu ihrem Ort in der Welt begleiten können.
Teil 1
Die Herausforderungen und Chancen junger Menschen in der heutigen Welt
1. Persönlichkeitsentwicklung
Junge Menschen entwickeln ihr Selbstbild, indem sie Gemeinschaften suchen, die sie unterstützen, ermutigen, die authentisch und zugänglich sind, Gemeinschaften, die sie befähigen. Wir erkennen Orte, die hilfreich für die Entwicklung ihrer Persönlichkeit sind, besonders die Familie, die eine bedeutende Rolle einnimmt. In vielen Teilen der Welt tragen die Rolle der Ältesten und die Achtung vor den eigenen Vorfahren zur Identitätsbildung bei. Das wird jedoch nicht überall so wahrgenommen, da an anderen Orten das traditionelle Familienmodell an Bedeutung verliert. Dies führt auch dazu, dass junge Menschen darunter leiden. Einige von ihnen rücken von ihren Familientraditionen ab, in der Hoffnung, origineller zu sein als das, was sie als „in der Vergangenheit verhaftet“ und als „altmodisch“ ansehen. Auf der anderen Seite sehnen sich junge Menschen in einigen Teilen der Welt danach, ihre Identität zu entfalten, indem sie in Familientraditionen verwurzelt und dem treu bleiben, wie sie erzogen wurden.
Die Kirche muss daher Familien und deren Entwicklung besser unterstützen. Dies ist besonders relevant in einigen Ländern ohne Meinungsfreiheit, in denen junge Menschen – insbesondere Minderjährige – daran gehindert werden, zur Kirche zu gehen und darauf angewiesen sind, zu Hause von ihren Eltern im Glauben erzogen zu werden.
Zugehörigkeitsgefühl ist ein wesentlicher Faktor für die Entfaltung der eigenen Identität. Soziale Ausgrenzung ist ein Faktor, der zum Verlust von Selbstwertgefühl und Identität, den viele erleben, beiträgt. Im Nahen Osten fühlen sich viele junge Menschen verpflichtet, zu anderen Religionen zu konvertieren, um von Gleichaltrigen und der umgebenden maßgebenden Kultur akzeptiert zu werden. Dies wird auch stark von Einwanderern in Europa empfunden, die sowohl soziale Ausgrenzung als auch den Verlust ihrer kulturellen Identität erleiden, wenn sie sich an die vorherrschende Kultur anpassen müssen. Dies ist ein Bereich, den die Kirche ausbauen sollte und wo sie Raum schaffen muss, um unsere Familien zu heilen, in dem sie auf diese Probleme reagiert und zeigt, dass es Platz für jeden gibt.
Es ist wichtig, dass die Identität eines jungen Menschen auch durch äußere Interaktion geprägt ist, durch Zugehörigkeit zu bestimmten Gruppen, Verbänden und Bewegungen, die auch außerhalb der Kirche aktiv sind. Manchmal sind Pfarrgemeinden keine Orte mehr, sich zu verbinden. Wir erkennen die Bedeutung von Erziehern und Freunden, wie zum Beispiel Leitern von Jugendgruppen, die als gute Vorbilder dienen können. Wir müssen attraktive, stimmige und authentische Vorbilder finden. Wir brauchen rationale und kritische Erklärungen für komplexe Probleme – vereinfachende Antworten reichen nicht aus.
Für einige ist Religion heute eine private Angelegenheit. Manchmal nehmen wir wahr, dass das Heilige getrennt von unserem täglichen Leben zu sein scheint. Die Kirche tritt oft als zu streng auf und wird mit übermäßigem Moralismus verbunden. Manchmal ist es schwer, in der Kirche die Logik des „Das war schon immer so“ zu überwinden. Wir brauchen eine einladende und barmherzige Kirche, die ihre eigenen Wurzeln und ihr Erbe schätzt und die jeden liebt, auch diejenigen, die nicht den „Standards“ folgen. Viele, die sich nach einem friedlichen Leben sehnen, widmen sich am Ende alternativen Philosophien oder Erfahrungen.
Weitere wichtige Orte der Zugehörigkeit sind Gruppen wie soziale Netzwerke, Freunde, Klassenkameraden sowie unsere soziale und natürliche Umgebung. Dies sind Bereiche, in denen viele von uns vorwiegend Zeit verbringen. Oft lehren uns unsere Schulen nicht, kritisches Denken zu entwickeln.
Entscheidende Momente für die Entwicklung unserer Identität sind: unseren Studiengang zu bestimmen, einen Beruf zu wählen, zu entscheiden, woran wir glauben, unsere Sexualität zu entdecken sowie lebensverändernde Entscheidungen einzugehen.
Darüber hinaus sind es unsere Erfahrungen mit der Kirche, die die Entwicklung unserer Identitäten und Persönlichkeiten sowohl prägen als auch beeinflussen können. Junge Menschen sind betroffen und besorgt um Themen wie Sexualität, Sucht, gescheiterte Ehen, zerbrochene Familien sowie größere gesellschaftliche Probleme wie organisierte Kriminalität, Menschenhandel, Gewalt, Korruption, Ausbeutung, Frauenmord, alle Formen von Verfolgung sowie Umweltzerstörung. Das sind die großen Sorgen in gefährdeten Gemeinschaften auf der ganzen Welt. Wir sind besorgt, weil es in vielen unserer Länder soziale, politische und wirtschaftliche Instabilität gibt.
Während wir uns mit diesen Herausforderungen auseinandersetzen, brauchen wir Inklusion, Willkommensbereitschaft, Barmherzigkeit und Sensibilität seitens der Kirche – sowohl als Institution wie auch als Glaubensgemeinschaft.
2. Beziehung zu anderen Menschen
Junge Menschen versuchen, eine sehr komplexe und vielfältige Welt zu verstehen. Wir haben Zugang zu neuen Möglichkeiten, um Unterschiede und Spaltungen in der Welt zu überwinden, wobei dies in verschiedenen Kontexten und in unterschiedlichem Maße geschieht. Viele junge Menschen sind es gewohnt, Verschiedenheit als Reichtum zu erkennen und in einer pluralistischen Welt eine Chance zu sehen. Multikulturalismus hat das Potenzial, ein Umfeld für Dialog und Toleranz zu fördern. Wir schätzen die Vielfalt der Ideen in unserer globalisierten Welt, den Respekt für die Gedanken anderer und die Meinungsfreiheit. Trotzdem wollen wir unsere kulturelle Identität bewahren und Vereinheitlichung sowie Wegwerfkultur vermeiden. Wir sollten unsere Verschiedenheit nicht fürchten, sondern unsere Unterschiede und das, was jeden von uns einzigartig macht, feiern. Manchmal fühlen wir uns ausgeschlossen, weil wir Christen in einem sozialen Umfeld sind, das der Religion abträglich ist. Wir sind uns bewusst, dass wir uns selbst und anderen begegnen müssen, um tiefgründige Bindungen aufzubauen.
In einigen Ländern ist der christliche Glaube eine Minderheit, während eine andere Religion vorherrscht. Länder mit christlichen Wurzeln neigen heute dazu, Kirche und Religion mehr und mehr abzulehnen. Einige junge Leute versuchen, dem Glauben in einer zunehmend säkularen Gesellschaft einen Sinn zu geben, in einem Umfeld, in dem Gewissensfreiheit und Religion angegriffen werden. Rassismus betrifft junge Menschen auf verschiedenen Ebenen in unterschiedlichen Teilen der Welt. Noch immer hat die Kirche die Chance, jungen Menschen einen anderen „Weg“ aufzuzeigen, ihr Leben zu leben. Allerdings muss dies in einem oft komplexen sozialen Umfeld geschehen.
Daher ist es für junge Menschen oft schwer, die Botschaft des Evangeliums zu hören. Das ist vermehrt der Fall an Orten, an denen Spannungen zwischen Völkern bestehen, auch wenn dort eine allgemeine Wertschätzung für Verschiedenheit vorhanden ist. Besondere Aufmerksamkeit muss unseren christlichen Brüdern und Schwestern gelten, die auf der ganzen Welt verfolgt werden. Wir erinnern uns an unsere christlichen Wurzeln im Blut der Märtyrer und während wir für das Ende aller Verfolgungen beten, sind wir dankbar für ihr Zeugnis des Glaubens in der Welt. Auch gibt es noch keine verbindliche Einigkeit zur Frage der Aufnahme von Migranten und Geflüchteten oder dazu, wie dieses Phänomen überhaupt erst verursacht wurde. Dies ist so, auch wenn der universelle Aufruf, für die Würde eines jeden Menschen zu sorgen, durchaus anerkannt wird.
In einer globalisierten und interreligiösen Welt muss die Kirche nicht nur theologische Leitlinien für einen friedlichen und konstruktiven Dialog mit Menschen anderer Glaubensrichtungen und Traditionen entwerfen, sondern bereits bestehende weiterentwickeln.
3. Junge Menschen und Zukunft
Junge Menschen träumen von Sicherheit, Stabilität und Erfüllung. Viele hoffen auf ein besseres Leben für ihre Familien. An vielen Orten der Welt bedeutet dies, Sicherheit für Leib und Leben zu suchen; für andere betrifft dies eher einen guten Job oder einen bestimmten Lebensstil zu finden. Ein gemeinsamer Traum über Kontinente und Ozeane hinweg ist das Verlangen nach einem Ort, an dem der junge Mensch sich zugehörig fühlen kann.
Wir träumen von größeren Möglichkeiten, von einer Gesellschaft, die zusammenhängend und uns vertraut ist. Wir möchten gehört werden und nicht nur Zuschauer in der Gesellschaft sein, sondern aktive Teilnehmer. Wir sehnen uns nach einer Kirche, die uns hilft, unsere Berufung zu finden – in jeder Hinsicht. Außerdem glauben nicht alle von uns, dass Heiligkeit etwas Erreichbares sei und ein Weg zum Glück sein kann. Wir müssen den Gemeinschaftssinn wiederbeleben, der uns ein Gefühl der Zugehörigkeit gibt.
Einige praktische Sorgen machen unser Leben schwierig. Viele junge Menschen haben auf unterschiedliche Weise schwere Traumata erlebt. Viele leiden heute unter der Last psychischer Krankheiten und körperlicher Behinderungen. Die Kirche muss uns besser unterstützen und Wege bieten, die uns bei unserer Heilung helfen. In einigen Teilen der Welt besteht der einzige Weg in eine sichere Zukunft darin, eine bessere Ausbildung zu erhalten oder übermäßig zu arbeiten. Dies gilt zwar als gängige Norm, ist vielen jungen Leuten aufgrund ihrer Lebensumstände aber nicht immer möglich. Diese Vorstellung ist eine verbreitete Auffassung und hat folglich unser Verständnis von Arbeit beeinflusst. Trotzdem möchten junge Menschen die Würde der Arbeit bekräftigen. Manchmal enden wir damit, dass wir unsere Träume verwerfen. Wir haben zu viel Angst, und einige von uns haben das Träumen aufgegeben. Dies kommt von den vielen sozioökonomischen Zwängen, die das Hoffnungsgefühl unter jungen Leuten stark beeinträchtigen. Andere Male hatten wir nicht einmal die Gelegenheit, weiter zu träumen.
Aus diesem Grund versuchen junge Menschen, sich mit den Fragen der sozialen Gerechtigkeit unserer Zeit zu befassen und sie anzugehen. Wir suchen Möglichkeiten, eine bessere Welt aufzubauen. Diesbezüglich ist die Katholische Soziallehre ein besonders informatives Werkzeug für junge Katholiken, die dieser Berufung nachgehen wollen. Wir wollen eine Welt des Friedens, die ganzheitliche Ökologie mit einer nachhaltigen globalen Wirtschaft in Einklang bringt. Für junge Menschen, die in instabilen und gefährdeten Regionen der Welt leben, gibt es die Hoffnung und Erwartung konkreter Maßnahmen der Regierungen und der Gesellschaft: ein Ende von Krieg und Korruption, die Bekämpfung des Klimawandels, soziale Ungleichheit und Sicherheit. Wichtig ist, zu beachten, dass unabhängig vom Kontext jeder das gleiche angeborene Verlangen nach höheren Idealen teilt: Frieden, Liebe, Vertrauen, Gleichheit, Freiheit und Gerechtigkeit.
Junge Menschen träumen von einem besseren Leben, doch viele sind gezwungen auszuwandern, um eine bessere wirtschaftliche Situation und bessere Umwelt zu finden. Sie hoffen auf Frieden und werden besonders vom „Mythos des Westens“ angezogen, wie er in Medien dargestellt wird. Junge Afrikaner träumen von einer Ortskirche, die sich selbst versorgt, die keine Hilfe (von außen) braucht und so in Abhängigkeit gerät, sondern von einer Kirche, die ihren Gemeinschaften einen Beitrag zum Leben bietet. Trotz der vielen Kriege und zeitweiligen Gewaltausbrüche bleiben junge Menschen hoffnungsvoll. In vielen westlichen Ländern fokussieren sich ihre Träume auf persönliche Entwicklung und Selbstverwirklichung.
An vielen Orten besteht eine große Kluft zwischen den Wünschen junger Menschen und ihrer Fähigkeit, langfristige Entscheidungen zu treffen.
4. Beziehung zu Technologie
Wenn es um Technologie geht, müssen zwei Seiten ihrer Anwendung in Betracht gezogen werden. Während moderne Fortschritte in der Technologie unser Leben stark verbessert haben, muss man bei ihrer Verwendung dennoch vorsichtig sein. Wie bei allen Dingen kann eine leichtsinnige Anwendung negative Folgen haben. Hat für Einige Technologie unsere Beziehungen untereinander intensiviert, so hat sie für viele andere in eine Form der Abhängigkeit geführt, ist zu einem Ersatz für menschliche Beziehungen und sogar für Gott geworden. Unabhängig davon ist Technologie heutzutage ein fester Bestandteil des Lebens junger Menschen und muss auch als solcher verstanden werden. Paradoxerweise sind in einigen Ländern Technologie und insbesondere Internet leicht zugänglich, während die grundlegendsten Bedürfnisse und Dienste dort noch immer fehlen.
Der Einfluss sozialer Medien („Social Media“) auf das Leben junger Menschen ist nicht zu unterschätzen. Sie sind ein wichtiger Teil der Identität und der Lebensweise junger Menschen. Eine digitale Lebenswelt hat großes Potenzial, Menschen wie nie zuvor über geografische Entfernungen hinweg zu vereinen. Der Austausch von Informationen, Idealen, Werten und gemeinsamen Interessen ist jetzt besser möglich. Der Zugang zu Online-Lernmöglichkeiten hat die Bildungschancen junger Menschen in abgelegenen Gebieten verbessert und ihnen das Wissen der Welt greifbar gemacht.
Die Kehrseite der Technologie wird jedoch offensichtlich, wenn daraus bestimmte Laster entstehen. Diese Gefahr zeigt sich durch Isolation, Faulheit, Trostlosigkeit und Langeweile. Es ist offensichtlich, dass junge Leute auf der ganzen Welt obsessiv Medienprodukte konsumieren. Obwohl wir in einer stark vernetzten Welt leben, beschränkt sich Kommunikation unter jungen Menschen auf diejenigen, die sich ähnlich sind. Es gibt einen Mangel an Orten und Möglichkeiten, durch die Unterschiede erlebbar werden. Die Kultur der Massenmedien übt noch immer großen Einfluss auf das Leben und die Ideale junger Menschen aus. Mit dem Aufkommen der sozialen Medien hat dies zu neuen Herausforderungen geführt, unter anderem, inwieweit neue Medienunternehmen Macht über das Leben junger Menschen haben.
Junge Menschen neigen oft dazu, ihr Verhalten in Online- und Offline-Bereiche zu unterteilen. Es ist notwendig, jungen Menschen Bildungsangebote zu unterbreiten, wie sie ihr digitales Leben führen sollten. Online-Beziehungen können unmenschlich werden. Digitale Kontexte machen uns blind für die Verletzlichkeit anderer Menschen und hindern uns bei der Selbstreflexion. Probleme wie Pornographie verzerren die Wahrnehmung junger Menschen hinsichtlich der menschlichen Sexualität. So verwendete Technologie erzeugt eine täuschende Parallelrealität, die die Menschenwürde ignoriert.
Andere Risiken umfassen: den Verlust der Identität verbunden mit einer falschen Darstellung der Person, die virtuelle Konstruktion einer Persönlichkeit sowie den Verlust einer bodenständigen sozialen Präsenz. Zu den langfristigen Risiken gehören: der Verlust von Erinnerung, von Kultur und Kreativität, wie es sie vor dem unmittelbaren Zugang zu Informationen gab, sowie ein Verlust der Konzentrationsfähigkeit durch nicht zusammenhängendes Denken. Zusätzlich dazu existiert eine Kultur und Diktatur des äußeren Anscheins.
Die Debatte über Technologie beschränkt sich nicht nur auf das Internet. In der Bioethik wirft Technologie neue Herausforderungen und Risiken in Bezug auf die Sicherheit des menschlichen Lebens in allen Lebensabschnitten auf. Das Aufkommen künstlicher Intelligenz und neuer Technologien wie Robotik und Automatisierung birgt Risiken für die Beschäftigungsmöglichkeiten in der Arbeiterschaft. Technologie kann für die menschliche Würde schädlich sein, wenn sie nicht mit Gewissen und gewissenhaft verwendet wird und die Menschenwürde nicht im Mittelpunkt ihrer Verwendung steht.
Wir zeigen zwei konkrete Vorschläge bezüglich der Technologie auf: Erstens sollte die Kirche, die sich um einen Dialog mit jungen Menschen bemüht, ihr eigenes Verständnis von Technologie erweitern, um uns dabei zu helfen, diese maßvoll zu nutzen. Darüber hinaus sollte Kirche die Technologie – insbesondere das Internet – als fruchtbares Feld für die Evangelisierung ansehen. Die Ergebnisse dieser Überlegungen sollten durch ein Dokument der Kirche offiziell gemacht werden. Zweitens sollte die Kirche das weit verbreitete Problem der Pornographie ansprechen, einschließlich des Online-Kindesmissbrauchs und des Cyber-Mobbings und des damit verbundenen Schadens für unsere Menschlichkeit.
5. Suche nach Bedeutung im Leben
Viele junge Menschen, die gefragt werden: „Was ist der Sinn deines Lebens?“, wissen nicht, wie sie antworten sollen. Sie stellen nicht immer eine Verbindung zwischen Leben und Transzendenz her. Viele junge Menschen, die das Vertrauen in Institutionen verloren haben, haben sich von organisierter Religion verabschiedet und würden sich nicht als „religiös“ bezeichnen. Dennoch sind Jugendliche offen für Spirituelles.
Viele bedauern, dass junge Menschen für ihre Fragen nach dem Sinn des Lebens selten Antworten im Glauben und bei der Kirche suchen. Vielerorts auf der Welt geben junge Menschen ihrem Leben durch Arbeit und persönlichen Erfolg einen Sinn. Aber die Schwierigkeit, darin Stabilität zu finden, erzeugt Unsicherheit und Angst. Viele müssen auswandern, um einen guten Arbeitsplatz zu finden. Andere verlassen ihre Familie und Heimat wegen wirtschaftlicher Instabilität.
Schlussfolgernd stellen andere fest, dass sich junge Menschen zwar Fragen über den Sinn des Lebens stellen können. Dies bedeutet aber nicht immer, dass sie auch bereit sind, sich für Jesus oder die Kirche zu engagieren. Religion wird heute nicht mehr als Hauptquelle angesehen, in der junge Menschen nach Lebenssinn suchen, und somit wenden sie sich modernen Strömungen und Ideologien zu. Skandale, die der Kirche zugeschrieben werden, reale und vermeintliche, erschüttern das Vertrauen junger Menschen in die Kirche und in die traditionellen Institutionen, für die sie steht.
Die Kirche kann eine entscheidende Rolle dabei spielen sicherzustellen, dass diese jungen Menschen nicht an den Rand gedrängt werden, sondern sich akzeptiert fühlen. Dies kann geschehen, wenn wir versuchen, die Würde der Frau zu stärken – innerkirchlich und auch in anderen gesellschaftlichen Zusammenhängen. Auch heute besteht das allgemein gesellschaftliche Problem, dass Frauen noch immer kein gleichwertiger Platz (wie Männern) eingeräumt wird. Das gilt ebenso für die Kirche. Es gibt großartige Beispiele von Frauen in Ordensgemeinschaften und Laien in Führungsrollen. Allerdings werden diese Vorbilder einigen jungen Frauen nicht sichtbar gemacht. Daraus ergibt sich eine Schlüsselfrage: Was sind die Bereiche, in denen sich Frauen in der Kirche und der Gesellschaft entfalten können? Die Kirche kann diese Probleme in ernsthafter Auseinandersetzung und mit Aufgeschlossenheit für unterschiedliche Ideen und Erfahrungen angehen.
Es gibt oft große Meinungsverschiedenheiten unter jungen Menschen zu einigen heute besonders umstrittenen Lehren – sowohl innerhalb der Kirche als auch darüber hinaus. Dazu gehören Verhütung, Abtreibung, Homosexualität, Zusammenleben, Ehe und auch wie das Priestertum in verschiedenen kirchlichen Kontexten wahrgenommen wird. Wichtig dabei ist: Unabhängig vom Grad des Verständnisses für die Lehre der Kirche gibt es zu diesen strittigen Themen zwischen jungen Menschen immer noch Meinungsverschiedenheiten und anhaltende Diskussionen. Deshalb hätten diese jungen Menschen gerne, dass die Kirche entweder ihre Lehre ändert oder zumindest Zugang zu einer besseren Erklärung und mehr Information und Bildung zu diesen Themen ermöglicht. Trotz der internen Debatte haben junge Katholiken, deren Überzeugungen in Konflikt mit der offiziellen Kirchenlehre stehen, dennoch den Wunsch, Teil der Kirche zu sein. Viele junge Katholiken wiederum akzeptieren diese (kirchlichen) Lehren und finden in ihnen eine Quelle der Freude. Sie wünschen sich, dass die Kirche nicht nur stark in ihrer Lehre verankert bleibt – auch wenn diese unpopulär ist –, sondern diese auch mit mehr Tiefe verkündet.
Überall auf der Welt ist die Beziehung zum Religiösen kompliziert. Oft wird das Christentum als etwas angesehen, das der Vergangenheit angehört und dessen Wert oder Bedeutung für unser Leben nicht mehr verstanden wird. Gleichzeitig wird in bestimmten Gemeinschaften der Religion Vorrang eingeräumt, sodass das tägliche Leben um sie herum strukturiert ist. In einigen asiatischen Kontexten wird der Sinn des Lebens mit östlichen Philosophien verbunden.
Letztendlich wollen viele von uns Jesus unbedingt kennenlernen, aber haben oft Mühe zu erkennen, dass er allein Quelle der wahren Selbstfindung ist. Denn es liegt in der Beziehung zu ihm, dass die menschliche Person letztlich sich selbst entdeckt. So haben wir festgestellt, dass junge Menschen authentische Zeugen brauchen – Männer und Frauen, die ihren Glauben und ihre Beziehung zu Jesus lebendig ausdrücken, während sie andere ermutigen, sich ihm zu nähern, ihn zu treffen und sich so in Jesus selbst zu verlieben.
Zweiter Teil
Glaube und Berufung, Unterscheidung und Begleitung
Es ist sowohl eine Freude als auch eine heilige Verantwortung, junge Menschen auf ihrem Glaubensweg und ihrer Berufungsunterscheidung zu begleiten. Jugendliche sind für eine „Erzählung des Lebens“ empfänglicher als für einen abstrakten theologischen Diskurs. Sie sind selbstbewusst, aufnahmebereit und auch bereit, sich in der Welt und in der Kirche zu engagieren. Daher muss man verstehen, wie junge Menschen Glauben und Berufung wahrnehmen und die Herausforderungen, welche es zu unterscheiden gilt.
6. Junge Menschen und Jesus
Die Beziehung der jungen Menschen zu Jesus ist so vielfältig wie die Zahl junger Menschen auf dieser Erde. Es gibt viele junge Menschen, die Jesus als ihren Erlöser und den Sohn Gottes sehen. Darüber hinaus finden junge Menschen oft Nähe zu Jesus über seine Mutter, Maria. Andere möchten eine solche Beziehung zu Jesus nicht haben, sehen ihn dennoch als eine moralische Führungsperson und einen guten Menschen. Wiederum andere sehen Jesus als eine historische Figur, die einer bestimmten Zeit und Kultur angehört, die für ihr Leben nicht relevant ist. Weitere nehmen ihn als von menschlicher Erfahrung entfernt wahr, in einer Distanz, von der sie glauben, dass die Kirche dies so wünscht. Falsche Bilder von Jesus, die einige junge Leute haben, führen dazu, dass sie sich nicht von ihm angezogen fühlen. Irreführende Ideale von Modellchristen werden als für normale Menschen unerreichbar empfunden, was auch für Vorschriften der Kirche gilt. Dadurch wird für manche das Christentum zu einem unerreichbaren Maßstab.
Ein Weg, die Verwirrungen junger Menschen in Bezug auf Jesus aufzulösen, ist es, sich auf die Bibel zu besinnen, um die Person Christi, sein Leben und seine Menschlichkeit genauer zu verstehen. Junge Menschen sollen der Mission Christi begegnen und nicht dem, was sie als unmögliche moralische Erwartung empfinden. Allerdings sind sie unsicher, wie sie das machen können. Zu dieser Begegnung müssen junge Menschen ermutigt werden und genau das sollte die Kirche unterstützen.
7. Glaube und Kirche
Für viele junge Menschen ist der Glaube eher privat als gemeinschaftlich geworden. Die negativen Erfahrungen, die einige junge Menschen mit der Kirche gemacht haben, haben hierzu beigetragen. Es gibt viele junge Menschen, die sich nur auf einer persönlichen Ebene auf Gott beziehen, die „spirituell sind, aber nicht religiös“ oder solche, die sich nur auf eine Beziehung zu Jesus Christus konzentrieren. Für einige junge Menschen hat die Kirche eine Kultur entwickelt, in der sie sich stark auf Mitglieder konzentriert, die sich ihrem institutionellen Aspekt widmen, nicht aber der Person Christi. Weitere junge Menschen halten religiöse Verantwortliche für abgehoben und mehr auf Verwaltung ausgerichtet als darauf, eine Gemeinschaft zu formen. Wieder andere halten die Kirche für völlig irrelevant. Es macht den Eindruck, als vergäße die Kirche, dass die Menschen – das Volk Gottes – die Kirche sind und nicht das Gebäude. Andere junge Menschen erleben die Kirche als ihnen sehr nah, in Regionen wie Afrika, Asien und Lateinamerika sowie in verschiedenen globalen Bewegungen. Sogar einige junge Leute, die das Evangelium nicht leben, empfinden Verbundenheit mit der Kirche. Dieses Zugehörigkeits- und Familiengefühl unterstützt diese jungen Menschen auf ihrem Weg. Ohne diesen Anker gemeinschaftlicher Unterstützung und Zugehörigkeit können sich junge Menschen angesichts der Herausforderungen alleingelassen fühlen. Schließlich haben viele junge Leute nicht das Verlangen, Teil der kirchlichen Gemeinschaft zu sein; sie finden außerhalb der Kirche Sinn für ihr Leben.
Leider gibt es in einigen Gegenden der Welt das Phänomen, dass junge Menschen in großer Anzahl die Kirche verlassen. Die Gründe dafür zu verstehen, ist entscheidend für das weitere Vorgehen. Junge Leute, die sich der Kirche nicht verbunden fühlen oder die Kirche verlassen, tun dies, nachdem sie Gleichgültigkeit, Verurteilung oder Ablehnung empfunden haben. Man kann zu einer Messe gehen, daran teilnehmen und sie verlassen, ohne ein Gefühl für Gemeinschaft oder Familie als Leib Christi empfunden zu haben. Christen bekennen sich zu einem lebendigen Gott, obwohl einige an Gottesdiensten teilnehmen oder zu Gemeinschaften gehören, die tot zu sein scheinen. Junge Menschen fühlen sich von Freude angezogen, die ein Kennzeichen unseres Glaubens sein sollte. Jugendliche wünschen sich eine Kirche, die ein lebendiges Zeugnis ist für das, was sie lehrt und von Authentizität zeugt auf dem Weg zur Heiligkeit, was auch die Anerkennung von Fehlern und die Bitte um Vergebung beinhaltet. Junge Leute erwarten von Leitern der Kirche – Klerikern, Ordensleuten oder Laien –, dass sie selbst das stärkste Beispiel dafür sind. Zu wissen, dass Glaubensvorbilder wahrhaftig und verletzlich sind, erlaubt es jungen Menschen, selbst authentisch und verletzlich zu sein. Es geht nicht darum, die Heiligkeit ihres Dienstes zu zerstören, sondern darum, dass junge Menschen von ihnen inspiriert werden auf dem Weg zur Heiligkeit.
Bei vielen Gelegenheiten haben junge Menschen Schwierigkeiten, einen Platz in der Kirche zu finden, an dem sie aktiv mitmachen und sie mitleiten können. Junge Menschen interpretieren ihre Erfahrung in der Kirche als eine, in der sie als zu jung und unerfahren gelten, um Entscheidungen zu treffen, da sie nur Fehler begehen würden. Es braucht Vertrauen in junge Menschen, dass auch sie vorangehen und selbst Akteure ihres geistlichen Weges sein können. Dies geschieht nicht nur, um die Älteren zu imitieren, sondern um die eigene Mission und Verantwortung zu übernehmen und diese gut umzusetzen. Jugendverbände, Bewegungen und neue Gemeinschaften in der Kirche haben fruchtbare Wege entwickelt, junge Menschen nicht nur zu evangelisieren, sondern sie auch zu befähigen, Botschafter des Glaubens für Gleichaltrige zu sein.
Eine andere verbreitete Wahrnehmung vieler junger Menschen ist eine unklare Rolle der Frauen in der Kirche. Ist es für junge Menschen schwierig, ein Gefühl für Zugehörigkeit und Verantwortung in der Kirche zu entwickeln, dann ist es für junge Frauen noch viel schwieriger. Daher wäre es für junge Menschen hilfreich, wenn die Kirche die Rolle der Frauen eindeutiger vorbringen und auch jungen Menschen helfen würde, dies besser zu entdecken und zu verstehen.
8. Die eigene Berufung entdecken
Es braucht ein einfaches und klares Verständnis von Berufung, um den Sinn eines Rufs, einer Mission, Sehnsucht und Hoffnung hervorzuheben, sodass junge Menschen in ihrer Lebensphase damit leichter etwas anfangen können. „Berufung“ ist mitunter als etwas Abstraktes dargestellt worden, das außerhalb des Verständnisses vieler liegt. Jugendliche verstehen allgemein, was es heißt, dem Leben Sinn zu geben und für ein Ziel zu leben, aber viele wissen nicht, wie das mit Berufung als einem Geschenk und dem Ruf Gottes verknüpft sein kann.
Der Begriff „Berufung“ ist in der Kirche zum Synonym für Priestertum und Ordensleben geworden. Während dies durchaus heilige Aufrufe sind, die gefeiert werden sollten, ist es für junge Menschen wichtig zu wissen, dass sie allein aufgrund ihres Lebens eine Berufung haben und dass jeder dafür verantwortlich ist zu erkennen, wozu Gott sie ruft, wer sie ist und was sie tun soll. Jede Berufung hat ihren Reichtum, der betont werden muss, um die Herzen junger Menschen für all ihre Möglichkeiten zu öffnen.
Für junge Menschen verschiedener Glaubensrichtungen gehören zu dem, was eine Berufung ausmacht, Leben, Liebe, Sehnsucht, ein Platz in der Welt und ein Beitrag in ihr sowie die Möglichkeit, etwas zu bewirken. Der Ausdruck „Berufung“ ist vielen jungen Menschen nicht sehr klar; daher bedarf es eines besseren Verständnisses christlicher Berufung (zu Priestertum und Ordensleben, Laienamt, Ehe und Familie, Rolle in der Gesellschaft usw.) sowie des universellen Rufs zur Heiligkeit.
9. Unterscheidung der Berufung
Die eigene Berufung zu erkennen, kann eine Herausforderung sein, besonders durch die Missverständnisse des Begriffs. Doch Jugendliche werden sich dieser Herausforderung stellen. Die eigene Berufung zu erkennen, kann ein Abenteuer auf dem Lebensweg sein. Davon abgesehen wissen viele junge Menschen nicht, wie sie den Prozess zur Berufung bewusst angehen sollen. Genau dies ist eine Gelegenheit für die Kirche, sie dabei zu begleiten.
Viele Faktoren beeinflussen die Fähigkeit junger Menschen, ihre Berufung zu erkennen: etwa die Kirche, kulturelle Unterschiede, Anforderungen in der Arbeit, digitale Medien, familiäre Erwartungen, psychische Gesundheit und Verstand, Lärm, Gruppenzwang, politische Situationen, Gesellschaft, Technologie usw. Dabei sind die in Stille verbrachte Zeit, Selbstreflexion und Gebet sowie Lesen der Heiligen Schrift und Vertiefung der Selbsterkenntnis Möglichkeiten, die nur sehr wenige junge Menschen nutzen. Daher braucht es eine bessere Hinführung zu diesen Bereichen. Die Zusammenarbeit mit religiösen Gruppen, Bewegungen und gleichgesinnten Gemeinschaften kann jungen Menschen in ihrer Berufungsunterscheidung auch behilflich sein.
Wir nehmen insbesondere die speziellen Herausforderungen wahr, mit denen junge Frauen konfrontiert sind, wenn sie ihre Berufung und ihren Platz in der Kirche suchen. So wie Marias „Ja“ zu Gottes Ruf grundlegend für die christliche Erfahrung ist, so brauchen junge Frauen heute Raum, um zu ihrer eigenen Berufung „Ja“ zu sagen. Wir ermutigen die Kirche, ihr Verständnis von der Rolle der Frauen weiterzuentwickeln und junge Frauen, sowohl Laien als auch Ordensleute, im Geiste der Liebe der Kirche zu Maria, der Mutter von Jesus, zu befähigen.
10. Junge Leute und Begleitung
Junge Menschen suchen nach Wegbegleitern, um sich angenommen zu fühlen, von gläubigen Männern und Frauen, die die Wahrheit zum Ausdruck bringen und jungen Menschen ermöglichen, ihre Ansicht zum Glauben und zur Berufung zu äußern. Solche Menschen sollen keine Glaubensvorbilder sein, die sie imitieren, sondern lebendige Zeugen. Solch eine Person sollte allein durch das Beispiel ihres Lebens evangelisieren. Ob dies vertraute Gesichter zu Hause sind, Kollegen in der Gemeinschaft vor Ort oder Märtyrer, die ihren Glauben mit dem eigenen Leben bezeugen – es gibt viele, die diese Erwartung erfüllen könnten.
Zu den Qualitäten eines solchen Begleiters gehört: ein gläubiger Christ zu sein, der sich der Kirche und der Welt widmet; jemand, der beständig die Heiligkeit sucht; ein Vertrauter, der einen nicht verurteilt; einer, der den Bedürfnissen von jungen Menschen zuhört und in gleicher Weise antwortet; tief liebend ist und selbstbewusst; die Grenzen junger Menschen anerkennt sowie ihre Freuden und Sorgen auf dem geistlichen Weg kennt.
Eine für junge Menschen besonders wichtige Eigenschaft eines Begleiters ist die Anerkennung seiner Menschlichkeit – dass auch sie Menschen sind, die Fehler machen, die nicht perfekt sind, sondern Sünder, denen vergeben wird. Manchmal werden Mentoren auf ein Podest gehoben. Wenn sie dann herunterfallen, kann dies das Vertrauen junger Menschen zerstören, sich weiterhin an die Kirche zu wenden.
Mentoren sollten junge Menschen nicht wie passive Anhänger leiten, sondern neben ihnen her gehen und ihnen erlauben, an dieser Reise aktiv teilzunehmen. Sie sollten die Freiheit respektieren, die für junge Menschen zum Prozess der Unterscheidung gehört, und sollten sie mit Werkzeugen ausrüsten, damit sie es auch gut machen. Ein Mentor sollte mit ganzem Herzen an die Fähigkeit eines jungen Menschen glauben, am Leben der Kirche teilhaben zu können. Ein Mentor sollte den Samen des Glaubens in jungen Menschen nähren, ohne zu erwarten, sofort die Früchte des Wirkens des Heiligen Geistes zu sehen. Diese Rolle ist nicht und darf nicht auf Priester und Ordensleute beschränkt sein. Auch Laien sollten befähigt werden, eine solche Rolle zu übernehmen. All diese Mentoren sollten nutzen können, gut ausgebildet zu sein und kontinuierliche Fortbildungen wahrzunehmen.
Teil 3 Die bildende und seelsorgerliche Tätigkeit der Kirche
11. Das Verhalten der Kirche
Junge Menschen sehnen sich heutzutage nach einer authentischen Kirche. Besonders zur Hierarchie der Kirche sagen wir: Seid transparent, offen, ehrlich, einladend, kommunikativ, zugänglich, freudig und eine Gemeinschaft im Austausch.
Eine glaubwürdige Kirche hat keine Angst, als verletzlich zu gelten. Die Kirche sollte aufrichtig sein, ihre vergangenen und gegenwärtigen Fehler zugeben und Ungerechtigkeiten eingestehen, denn sie ist eine Kirche, die aus Personen besteht, die auch zu Fehlern und Missverständnissen fähig sind. Die Kirche sollte Handlungen wie sexuellen Missbrauch und den Missbrauch von Macht und Reichtum verurteilen. Die Kirche sollte ihre Null-Toleranz-Politik gegenüber sexuellem Missbrauch in ihren Einrichtungen verstärken. Dadurch wird ihre Demut zweifellos weltweit ihre Glaubwürdigkeit bei jungen Menschen verstärken. Wenn die Kirche so handelt, wird sie sich von anderen Institutionen und Behörden abheben, denen junge Menschen meist schon misstrauen.
Die Kirche zieht die Aufmerksamkeit junger Menschen auf sich, wenn sie in Jesus Christus verwurzelt ist. Christus ist die Wahrheit, die die Kirche von jeder anderen weltlichen Gruppe, mit der wir uns identifizieren können, unterscheidet. Deshalb bitten wir die Kirche, geleitet vom Heiligen Geist, weiterhin die Freude des Evangeliums zu verkünden.
Wir wünschen uns, dass die Kirche diese Botschaft durch moderne Kommunikationsmittel und Ausdrucksformen vermittelt. Junge Menschen haben viele Fragen zum Glauben und verlangen nach Antworten, die weder oberflächlich noch vorgefertigte Formulierungen sind. Wir, die junge Kirche, möchten, dass unsere Leiterinnen und Leiter praktisch und verständlich über kontroverse Themen wie Homosexualität und Gender sprechen, über die Jugendliche längst ohne Tabu diskutieren. Manche nehmen die Kirche als wissenschaftskritisch wahr. Daher ist ein Dialog mit der Wissenschaft wichtig, da auch diese die Schönheit der Schöpfung erleuchten kann. In diesem Zusammenhang sollte sich die Kirche auch um die Umwelt kümmern, insbesondere um die Umweltverschmutzung. Zudem möchten wir eine Kirche sehen, die empathisch ist und sich denjenigen zuwendet, die am Rande der Gesellschaft kämpfen, die Verfolgten und die Armen. Eine attraktive Kirche ist eine beziehungsorientierte Kirche.
12. Junge Leiterinnen und Leiter
Die Kirche muss junge Menschen stärker in Entscheidungsprozesse einbinden und ihnen verantwortliche Leitungspositionen ermöglichen. Diese Positionen müssen in der Pfarrei, der Diözese, auf nationaler und internationaler Ebene, sogar in einer Kommission des Vatikans sein. Wir sind der festen Überzeugung, dass auch wir Führungskräfte sind, die wachsen können und von den älteren Mitgliedern der Kirche, von Ordensleuten wie Laien lernen können. Wir brauchen Führungsprogramme für die Bildung und Weiterentwicklung junger Führungskräfte. Einige junge Frauen spüren, dass es in der Kirche keine weiblichen Vorbilder in Leitungspositionen gibt; dabei möchten auch sie der Kirche ihre intellektuellen und beruflichen Fähigkeiten zur Verfügung stellen. Wir glauben auch, dass Seminaristen und Ordensleute noch bessere Fähigkeiten haben sollten, junge Führungskräfte zu begleiten.
Über die institutionelle Entscheidungsfindung hinaus möchten wir uns freudig, enthusiastisch und missionarisch innerhalb der Kirche beteiligen. Wir wünschen uns auch sehr, eine wichtige kreative Stimme sein zu können. Diese Kreativität findet sich oftmals in der Musik, in der Liturgie und in den Künsten. Im Moment scheinen diese noch ein ungenutztes Potential zu sein, dessen kreative Seite vor allem von den älteren Mitgliedern der Kirche dominiert wird.
Es gibt auch den Wunsch nach starken Gemeinschaften, in denen junge Menschen ihre Schwierigkeiten und Glaubenserfahrungen miteinander teilen. An vielen Orten geschieht dies bereits in Laieninitiativen, Bewegungen und Jugendverbänden, aber diese wollen sowohl öffentlich als auch finanziell mehr unterstützt werden.
Die junge Kirche schaut auch nach außen; junge Menschen haben eine Leidenschaft für politische, bürgerliche und humanitäre Aktivitäten. Sie wollen sich als Katholiken im öffentlichen Raum für die Verbesserung von Gesellschaft als Ganzes engagieren. In all diesen Aspekten des kirchlichen Lebens wünschen sich junge Menschen, begleitet zu werden und als voll verantwortliche Mitglieder der Kirche ernst genommen werden.
13. Bevorzugte Orte
Wir würden die Kirche gerne dort antreffen, wo sie bisher kaum oder gar nicht ist. Vor allem ist die Straße als Ort, wo die Menschen sind, der Platz, an dem wir der Kirche begegnen wollen. Die Kirche sollte neue kreative Wege finden, Menschen dort zu begegnen, wo sie sich wohlfühlen und sich spontan treffen: Bars, Cafés, Parks, Fitnessstudios, Stadien und andere beliebte Kulturzentren. Es sollte auch auf weniger zugängliche Bereiche geachtet werden wie das Militär, der Arbeitsplatz und die ländlichen Gebiete. Neben diesen brauchen wir das Licht des Glaubens an schwierigeren Orten wie Kinderheimen, Krankenhäusern, Problem-Stadtvierteln, Kriegsgebieten, Gefängnissen, Rehabilitationszentren und Rotlichtvierteln.
Während die Kirche viele von uns bereits in Schulen und Universitäten auf der ganzen Welt antrifft, möchten wir, dass sie an diesen Orten noch stärker und effektiver präsent ist. In diesen Bereichen eingesetzte Ressourcen sind nicht vergeudet, da sehr viele junge Menschen hier die meiste ihrer Zeit verbringen und oft mit Menschen unterschiedlicher sozioökonomischer Herkunft in Kontakt treten. Viele von uns sind bereits treue Mitglieder in Pfarrgemeinden oder Mitglieder verschiedener Institutionen, Jugendverbände und Organisationen in der Kirche. Es ist zwingend notwendig, dass die Engagierten von der Gemeinschaft der Kirche dabei unterstützt und inspiriert werden, die Welt außerhalb der Kirche noch stärker zu evangelisieren.
Neben den vielen physischen Orten, an denen wir anzutreffen sind, ist die digitale Welt ein Raum, der von der Kirche unbedingt berücksichtigt werden muss. Wir würden gerne eine Kirche sehen, die über soziale Medien und andere digitale Möglichkeiten zugänglich ist, um leichter und effektiver Informationen über die Kirche und ihre Lehren zu verbreiten sowie die Bildung junger Menschen zu fördern. Kurz gesagt: Wir sollten dort angetroffen werden, wo wir sind – intellektuell, emotional, spirituell, sozial und körperlich.
14. Zu verstärkende Initiativen
Wir sehnen uns nach Erfahrungen, die unsere Beziehung zu Jesus in der realen Welt vertiefen können. Erfolgreiche Initiativen bieten uns eine Erfahrung mit Gott. Deshalb sprechen wir auf Initiativen an, die uns ein Verständnis der Sakramente, des Gebets und der Liturgie geben, um unsere Gemeinschaft und unseren Glauben in der säkularen Welt zu teilen und rechtfertigen zu können. Die Sakramente sind von großer Bedeutung für diejenigen von uns, die ihren Sinn, die sie für unser Leben haben, besser verstehen wollen. Dies gilt für die Vorbereitung der Ehe, das Sakrament der Versöhnung, die Vorbereitung auf die Taufe von Kindern und so weiter. Weil es oft an einer ansprechenden Darstellung dessen mangelt, was die Sakramente wirklich bieten, empfangen zwar einige die Sakramente, wissen sie aber nicht zu schätzen.
Beispiele fruchtbarer Initiativen sind: Ereignisse wie der Weltjugendtag; Kurse und Programme, die Antworten und Weiterbildung bieten, besonders für jene, die im Glauben neu sind; evangelisierende Programme; Jugendkatechismen; religiöse Wochenenden und geistliche Übungen; charismatische Veranstaltungen, Chöre und Gebetsgruppen; Wallfahrten; christliche Sportligen; Pfarr- oder Diözesanjugendgruppen; Bibelstudiengruppen; christliche Gruppen an Universitäten; verschiedene religiöse Apps sowie die immense Vielfalt an geistlichen Bewegungen und Jugendverbänden innerhalb der Kirche.
Wir mögen gut organisierte, größere Veranstaltungen, aber auch Ereignisse ohne großen Rahmen. Kleine örtliche Gruppen, in denen wir Fragen äußern und an der christlichen Gemeinschaft teilhaben können, sind ebenfalls entscheidend, um den Glauben zu erhalten. Diese kleineren Ereignisse in sozialen Räumen können die Lücke zwischen kirchlichen Großveranstaltungen und der Pfarrei schließen. Sich in dieser Form zu treffen, ist besonders wichtig in Ländern, in denen Christen weniger akzeptiert werden.
Die sozialen und spirituellen Aspekte kirchlicher Initiativen können sich gegenseitig ergänzen. Hier besteht auch der Wunsch nach größerer sozialer Reichweite und Evangelisierung für Menschen, die mit Krankheiten und Sucht kämpfen. Zudem geht es um einen Austausch mit Menschen unterschiedlicher religiöser, kultureller und sozioökonomischer Kontexte. Die Kirche sollte Initiativen stärken, die den Menschenhandel und aufgezwungene Migration bekämpfen sowie gegen den Drogenhandel einstehen, was besonders in Lateinamerika wichtig ist.
15. Notwendige Instrumente
Die Kirche muss sich einer Sprache bedienen, die zu den Gewohnheiten und Kulturen der Jugendlichen passt, sodass alle Menschen die Botschaft des Evangeliums hören können. Gleichzeitig sind wir begeistert, wenn es um verschiedene Ausdrucksformen der Kirche geht. Einige von uns lieben das „Feuer“ aktueller charismatischer Bewegungen, die sich auf den Heiligen Geist konzentrieren; andere fühlen sich angezogen von der Stille, der Meditation und den ehrfürchtigen traditionellen Liturgien. All diese Ausdrucksformen sind gut, denn sie helfen uns, auf verschiedene Weise zu beten. Außerhalb der Kirche erleben viele junge Menschen eine zufriedene Spiritualität, aber mit den richtigen Mitteln könnte die Kirche sie durchaus ansprechen.
• Multimedia – Das Internet bietet der Kirche bisher ungeahnte Möglichkeiten zu evangelisieren, vor allem mit den sozialen Medien und Online-Videos. Als junge Menschen sind wir „digital natives“ und können hier auch Wege aufzeigen. Dies ist auch eine großartige Weise, um Menschen eines anderen Glaubens zu begegnen oder solchen, die keinen haben. Die regelmäßige Videoserie von Papst Franziskus (gemeint sind die monatlichen Gebetsanliegen; Anm. d. Ü.) ist ein gutes Beispiel, die evangelisierenden Möglichkeiten des Internets zu nutzen.
• Freiwilliges Soziales Jahr – Solche Jahre eines Freiwilligendienstes in verschiedenen Jugendverbänden, Bewegungen und Wohltätigkeitsorganisationen vermitteln jungen Menschen Erfahrungen einer Mission und bieten Raum für Lebensentscheidungen. Zudem bietet dies der Kirche die Möglichkeit, Nichtgläubigen und Menschen anderen Glaubens in der Welt zu begegnen.
• Die Künste und Schönheit – Schönheit ist universell anerkannt; und die Kirche hat eine (lange) Geschichte von Engagement und Evangelisierung mit Hilfe der Künste wie Musik, bildende Kunst, Architektur, Design usw. Junge Menschen sprechen besonders gut darauf an und genießen es, kreativ und ausdrucksstark zu sein.
• Anbetung, Meditation und Kontemplation – Wir schätzen auch den Kontrast der Stille in der Tradition der eucharistischen Anbetung und des kontemplativen Gebets. Sie bietet einen Raum abseits des ständigen Lärms der modernen Kommunikation und ermöglicht, dass wir Jesus begegnen. In der Stille können wir die Stimme Gottes hören und seinen Willen für uns erkennen. Auch viele außerhalb der Kirche schätzen Meditation. Die reiche Erfahrung der Kirche in dieser Hinsicht könnte eine Brücke zu diesen säkular (veranlagten), aber spirituell (offenen) Menschen aufbauen. Stille kann eine Gegenkultur sein, aber effektiv.
• Zeugnisse – Die persönlichen Geschichten von Menschen der Kirche sind wirksame Wege der Evangelisierung, da persönliche Erfahrungen nicht in Frage gestellt werden können. Zeitgenössische christliche Zeugen und das Zeugnis verfolgter Christen im Nahen Osten weisen besonders auf die Lebensfülle in der Kirche hin. Auch die Biografien von Heiligen sind für uns immer noch bedeutsam als Wege zur Heiligkeit und zur Erfüllung.
• Der synodale Prozess – Wir waren begeistert, von der Hierarchie der Kirche ernst genommen zu werden, und sind der Meinung, dass dieser Dialog zwischen der jungen und der alten Kirche ein vitaler und fruchtbarer Prozess des Zuhörens ist. Es wäre ein Fehlschlag, wenn diesem Dialog nicht die Möglichkeit gegeben würde, fortgesetzt zu werden und zu gedeihen. Diese Kultur der Offenheit ist für uns äußerst förderlich.
Im Geiste dieses Dialogs zitierte Papst Franziskus zu Beginn dieses vorsynodalen Treffens folgenden Vers aus der Bibel: „Danach aber wird Folgendes geschehen: / Ich werde meinen Geist ausgießen über alles Fleisch. Eure Söhne und Töchter werden Propheten sein, / eure Alten werden Träume haben / und eure jungen Männer haben Visionen.“ (Joël 3,1)
[1] Die Übersetzung wurde von der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) und dem Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz unter Mitwirkung der Arbeitsstelle für Jugendseelsorge der Deutschen Bischofskonferenz (afj) sowie den von der Deutschen Bischofskonferenz für die Vorsynode benannten Delegierten, Magdalena Hartmann und Thomas Andonie, erarbeitet.